Häufige Infektion könnte tatsächlich die weltweit häufigste STI sein

Eine weit verbreitete vaginale Infektion, die oft als unbedenklich abgetan wird, könnte in Wirklichkeit die weltweit häufigste sexuell übertragbare Infektion (STI) sein. Neue Forschungsergebnisse legen nahe, dass die bakterielle Vaginose (BV) viel häufiger sexuell übertragen wird, als bisher angenommen, und dass sie möglicherweise schwerwiegendere gesundheitliche Folgen hat, als bisher bekannt.

Bakterielle Vaginose ist ein Zustand, der durch ein Ungleichgewicht der natürlich vorkommenden Bakterien in der Vagina gekennzeichnet ist. Sie ist unglaublich häufig und betrifft schätzungsweise ein Drittel aller Frauen im gebärfähigen Alter weltweit. Traditionell wurde BV nicht als STI betrachtet, hauptsächlich weil sie auch bei Frauen auftreten kann, die nicht sexuell aktiv sind, und weil die genauen Ursachen komplex und nicht vollständig verstanden sind.

Die Beweislage, dass BV tatsächlich sexuell übertragbar ist, wächst jedoch stetig. Jüngste Studien haben gezeigt, dass:

  • Frauen mit BV haben mit größerer Wahrscheinlichkeit Sexualpartner, die ebenfalls BV-assoziierte Bakterien auf ihrem Penis tragen.
  • Das Risiko, an BV zu erkranken, steigt mit der Anzahl der Sexualpartner und neuen Sexualpartnern.
  • Die Verwendung von Kondomen reduziert das Risiko einer BV.
  • Die Behandlung des männlichen Sexualpartners einer Frau mit BV kann die Wahrscheinlichkeit eines Wiederauftretens der Infektion bei der Frau verringern.

Mikroskopische Aufnahme von vaginalen Bakterien, die bakterielle Vaginose zeigen

Der Übeltäter: *Gardnerella vaginalis*

Während BV durch ein Ungleichgewicht mehrerer Bakterienarten verursacht wird, ist ein bestimmtes Bakterium, *Gardnerella vaginalis*, als Hauptakteur identifiziert worden. *G. vaginalis* bildet einen Biofilm – eine dünne, aber widerstandsfähige Schicht von Bakterien, die an den Wänden der Vagina haftet. Dieser Biofilm macht es schwierig, die Infektion mit Antibiotika zu behandeln, und kann auch andere schädliche Bakterien beherbergen.

Neuere Forschungen haben gezeigt, dass *G. vaginalis* nicht nur in der Vagina, sondern auch auf dem Penis und in der männlichen Harnröhre vorkommt. Studien haben ergeben, dass Männer, deren Sexualpartnerinnen BV haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit *G. vaginalis* auf ihrem Penis tragen, und dass dieses Bakterium bei sexuellen Aktivitäten zwischen Partnern übertragen werden kann.

Mikroskopische Aufnahme von Gardnerella vaginalis

Warum die Einstufung wichtig ist

Die Einstufung von BV als STI hat erhebliche Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und die individuelle Behandlung:

  1. Screening und Prävention: Wenn BV als STI anerkannt wird, könnten Screening-Programme für sexuell aktive Personen entwickelt werden, ähnlich wie bei anderen STIs wie Chlamydien und Gonorrhöe. Dies könnte dazu beitragen, Fälle frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, wodurch die Ausbreitung der Infektion reduziert würde.
  2. Partnerbehandlung: Die Behandlung der Sexualpartner von Frauen mit BV könnte zu einem Standardverfahren werden. Derzeit wird die Partnerbehandlung nicht routinemäßig empfohlen, aber die wachsende Evidenz für die sexuelle Übertragung legt nahe, dass dies notwendig sein könnte, um Rückfälle zu verhindern.
  3. Forschungsprioritäten: Die Anerkennung von BV als STI könnte zu mehr Forschung über die Übertragungsmechanismen, die langfristigen gesundheitlichen Folgen und die Entwicklung wirksamerer Behandlungen führen.
  4. Entstigmatisierung: Die Einstufung von BV als STI könnte dazu beitragen, das Stigma, das mit dieser häufigen Infektion verbunden ist, zu verringern. Viele Frauen schämen sich für BV oder zögern, einen Arzt aufzusuchen, weil sie sie als Zeichen mangelnder Hygiene betrachten. Wenn BV als sexuell übertragbar verstanden wird, könnte dies dazu beitragen, diese Missverständnisse zu beseitigen.

Gesundheitliche Folgen von BV

Obwohl BV oft als harmlose Erkrankung abgetan wird, kann sie eine Reihe von ernsthaften gesundheitlichen Folgen haben, insbesondere wenn sie unbehandelt bleibt:

  • Erhöhtes Risiko für andere STIs: BV kann die vaginale Schleimhaut schädigen und Frauen anfälliger für andere STIs machen, einschließlich HIV, Chlamydien, Gonorrhöe und Herpes.
  • Frühgeburten: Bei schwangeren Frauen kann BV das Risiko von Frühgeburten, niedrigem Geburtsgewicht und anderen Schwangerschaftskomplikationen erhöhen.
  • Entzündliche Erkrankungen des Beckens (PID): In einigen Fällen kann BV zu PID führen, einer schweren Infektion der Fortpflanzungsorgane, die zu Unfruchtbarkeit führen kann.
  • Postoperative Infektionen: BV kann das Risiko von Infektionen nach gynäkologischen Eingriffen wie Hysterektomien erhöhen.

Weitere Forschung ist erforderlich

Obwohl die Beweise für die sexuelle Übertragung von BV zunehmen, sind weitere Forschungen erforderlich, um die Rolle von *G. vaginalis* und anderen beteiligten Bakterien vollständig zu verstehen. Es ist auch wichtig zu untersuchen, warum manche Frauen anfälliger für BV sind als andere und welche Faktoren zum Wiederauftreten der Infektion beitragen.

Bis weitere Erkenntnisse vorliegen, sollten Frauen und ihre Sexualpartner sich der Möglichkeit der sexuellen Übertragung von BV bewusst sein und Maßnahmen ergreifen, um das Risiko zu verringern. Dazu gehören die konsequente Verwendung von Kondomen, die Begrenzung der Anzahl der Sexualpartner und die regelmäßige Untersuchung auf STIs.

Die Anerkennung von BV als STI wäre ein wichtiger Schritt, um die öffentliche Gesundheit von Frauen zu verbessern und sicherzustellen, dass diese häufige und oft übersehene Infektion die Aufmerksamkeit erhält, die sie verdient.