Das Scrollen durch soziale Medien hat eine einzigartige Wirkung auf Ihren Körper

Eine neue Studie hat herausgefunden, dass das Scrollen durch soziale Medien eine messbare physiologische Reaktion hervorrufen kann: eine Verlangsamung der Herzfrequenz. Diese Reaktion, bekannt als "orientierende Reaktion", tritt auf, wenn wir neuen und potenziell interessanten Reizen ausgesetzt sind.

Aufgeregte Frau vor Social Media Header

Soziale Medien sind allgegenwärtig geworden. Viele von uns verbringen täglich Stunden damit, durch Feeds auf Plattformen wie Facebook, Instagram, TikTok und Twitter zu scrollen. Während die psychologischen Auswirkungen von Social Media gut untersucht sind – von Suchtverhalten bis hin zu Auswirkungen auf die psychische Gesundheit –, ist weniger darüber bekannt, wie sich diese Aktivität physisch auf unseren Körper auswirkt.

Forscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Universität Würzburg-Schweinfurt in Deutschland haben in einer Studie untersucht, wie sich das passive Scrollen durch Facebook-Feeds auf die Herzfrequenz von Probanden auswirkt. Sie fanden heraus, dass das Scrollen eine "orientierende Reaktion" auslöste – eine vorübergehende Verlangsamung der Herzfrequenz, die auftritt, wenn wir unsere Aufmerksamkeit auf neue Informationen richten.

Mädchen trinkt am Telefon

Die "Orientierende Reaktion" und soziale Medien

Die "orientierende Reaktion" ist ein evolutionär bedingter Mechanismus, der uns hilft, unsere Umgebung zu überwachen und auf potenzielle Bedrohungen oder Chancen zu reagieren. Wenn wir etwas Neues oder Interessantes sehen, verlangsamt sich unsere Herzfrequenz kurzzeitig, während unser Gehirn die Informationen verarbeitet. Diese Reaktion ist ein Zeichen dafür, dass wir aufmerksam und bereit sind, zu handeln, wenn nötig.

In der Studie wurden 49 Teilnehmer gebeten, sich entweder durch einen standardisierten Facebook-Feed zu scrollen oder einen Freund zu bitten dies für sie zu übernehmen, und die resultierenden Screenshots des Feeds anzusehen. Während dieser Aufgaben wurde die Herzfrequenz der Teilnehmer kontinuierlich überwacht.

Die Ergebnisse zeigten, dass das selbstständige Scrollen durch den Facebook-Feed eine signifikant stärkere Verlangsamung der Herzfrequenz verursachte als das passive Betrachten der Screenshots. Dies deutet darauf hin, dass die Interaktivität des Scrollens – die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, welche Inhalte man sieht und wie lange man sie betrachtet – eine stärkere orientierende Reaktion hervorruft als das passive Konsumieren von Informationen.

Was bedeutet das für uns?

Die Forscher interpretieren ihre Ergebnisse als Hinweis darauf, dass das Scrollen durch soziale Medien eine Form der "passiven Wachsamkeit" darstellt. Wir sind ständig auf der Suche nach neuen und potenziell relevanten Informationen, auch wenn wir uns dessen nicht bewusst sind. Diese ständige Wachsamkeit könnte dazu beitragen, dass wir uns auch dann gestresst oder überfordert fühlen, wenn wir eigentlich nur entspannen wollen.

Die Studie wirft auch Fragen über die langfristigen Auswirkungen dieser ständigen "orientierenden Reaktion" auf. Es ist bekannt, dass chronischer Stress und eine erhöhte Herzfrequenzvariabilität mit einer Reihe von Gesundheitsproblemen in Verbindung stehen, darunter Herzerkrankungen, Angststörungen und Depressionen. Es ist jedoch noch unklar, ob die durch das Scrollen durch soziale Medien hervorgerufene Verlangsamung der Herzfrequenz langfristig positive oder negative Auswirkungen hat. Es ist denkbar, dass die kurzfristige Verlangsamung der Herzfrequenz als eine Art "Mini-Pause" wirken könnte, die uns hilft, mit dem ständigen Informationsfluss umzugehen. Andererseits könnte die ständige Aktivierung der "orientierenden Reaktion" auch zu einer chronischen Überstimulation und Erschöpfung führen.

Weitere Forschung ist nötig

Die Studie ist ein wichtiger erster Schritt, um die physiologischen Auswirkungen von Social Media besser zu verstehen. Es sind jedoch weitere Forschungen erforderlich, um die langfristigen Auswirkungen zu untersuchen und herauszufinden, wie wir soziale Medien nutzen können, ohne unsere Gesundheit zu gefährden. Zukünftige Studien könnten beispielsweise untersuchen, ob es Unterschiede in der physiologischen Reaktion auf verschiedene Arten von Social-Media-Inhalten gibt (z. B. positive vs. negative Nachrichten, Text vs. Bilder). Es wäre auch interessant zu untersuchen, ob es individuelle Unterschiede in der Stärke der "orientierenden Reaktion" gibt und ob diese Unterschiede mit Persönlichkeitsmerkmalen oder der Anfälligkeit für Social-Media-Sucht in Verbindung stehen.